Lysa Lyngfjord - poetisch, aber ungeschönt

 

„Endlich die Welt erschaffen, die in mir brennt.“

Lysa Lyngfjord ist die jüngste und zugleich wildeste Stimme unter meinen Pseudonymen. Eine für nordische Mythen. Mit Nornenschnur erfülle ich mir einen Kindheitstraum: eine eigene, mystische Welt zu bauen. Roh und archaisch wie die ungezähmte Ostsee mit ihren Sagen und Legenden, die mich in der Kindheit prägten.

Doch so eine Welt zu weben, ist kein geradliniger Weg. In meinem Arbeitszimmer, zwischen zerknüllten Entwürfen und nächtlichen Teepausen, ringe ich mit den Nornen. Stückweise flüstern sie mir ihre Geheimnisse zu. Manchmal verheddern sich die Fäden. Dann brennt die Lampe bis zum Morgen. Aber ich weiß: Jede zerrissene Seite bringt mich näher an die Essenz dieser Geschichte.

Hier halte ich fest, wie Nornenschnur entsteht. Vom ersten Funken der Idee bis zum Kampf um jedes Wort. Dieses Buch ist nicht nur ein Projekt. Es ist das Lied, das lange in mir schlummerte, das ich immer singen wollte – und es nun tue. Poetisch, aber ungeschönt.


Eine Stimme, die unter die Haut geht

Ich schreibe nicht über Figuren – ich werde zu ihnen. Schmerz, Schuld, Sehnsucht: Ich spüre sie körperlich, übersetze es in Sprache. So entsteht eine literarische Tiefe, die nicht erklärt, sondern zeigt. 

 

Für wen schreibe ich

Für Menschen, die sich berühren lassen. Auch dort, wo es weh tut. Mein Stil fordert – und schenkt Tiefe. Figuren, die bleiben. Erkenntnis statt Ablenkung.



 Leseprobe

Asche im Mund

Kapitelauszug  - bislang ohne Lektorat 

 

Ich spüre es, bevor ich es weiß. Ein Flirren in der Luft, das wie herabrieselndes Laub klingt. Der Wind schmeckt nach Staub, verbranntem Holz und Dingen, die ich nie riechen möchte. Die Birken wiegen sich, als wollten sie mich warnen, doch es ist nur ein Wispern gegen das, was kommt.

Ein Fremder taumelt ins Dorf. Seine Augen sind leer und voll zugleich. Ich erkenne die Schwere, bevor seine Lippen sich öffnen. Seine Stimme reißt mich auseinander: „Steinerner See … niedergebrannt … deine Eltern …“

Jedes Wort schlägt wie ein Beil in meine Brust. Ich höre mein Herz zerbrechen, sehe die Stille aufsteigen und spüre, wie die Welt erstarrt. Ich weiß nicht, wie ich aufrecht stehen, Luft bekommen soll.

Etwas in meinem Bauch krampft – ein Schmerz, scharf und fremd. Ich wanke, greife nach dem Tisch, die Knie weich.

Nicht jetzt. Bitte, nicht jetzt. Alles zieht sich zusammen.

Der Weiler brennt nicht, er lebt. Stimmen, Schreie, Ponys scheuen, Brot liegt am Boden. Staub wirbelt auf. Ich mittendrin, sehe alles und nichts, höre nur ein Surren, das mich vereinnahmt – Geräusche, verschwommen und fern.

Ein Ruf zerschneidet die Luft, dann Sonnwins Schritt. Er findet mich. Langsam, sicher, mit festem Blick eilt er auf mich zu. Die Welt um uns verschwimmt, der Trubel schrumpft zu Klängen, die ich nicht mehr wahrnehme.

Nur er. Nur diese Umarmung und ein Atemzug, der alles trägt.

Er nimmt meine Hand, führt mich ins Langhaus.

Felle riechen nach Sonne und Ruß, Wärme fließt in meine Finger. In unserem Lager deckt er mich zu, streicht über meine Arme, kocht Hafersuppe. Seine Stimme ist still, achtsam, hält mich aufrecht, während alles andere fällt.

Er legt sich neben mich, wärmt mich, schützt vor allem, was bricht.

Die Nacht vergeht in stummen Wellen, in Atemzügen, die sich aneinanderreihen und Körper sprechen lassen – ohne Worte. Ich schlafe nicht, nur Leere, voller Erinnerungen, die wie Staub durch meine Finger rieseln. Zwischen kuschligen Fellen: mein Körper leer, die Luft schwer.

Sonnwin schläft, seine Hand ruht auf meinem Rücken. Seine Hitze erfüllt mich. Ich liege still da, spüre die Glut in mir, spüre den Atem meines Herzens. Langsam, unbeugsam.

Dann ein Ziehen im Bauch.

Das erste von vielen weiteren, das sich nicht mehr aufhalten lässt – und das ich so geliebt habe.

Eine Träne läuft. Kein Tropfen heilt den Schmerz. Ich halte ihn fest an mich gedrückt. Alles ist da, so vollkommen, doch die Welt entgleitet mir – schwer, leise, unerbittlich.

Am Morgen erwacht Sonnwin. Seine Augen geweitet, starr vor Schreck. Er krabbelt her, nimmt mir unseren Sonnenschein aus den Händen, zieht mich zu sich. Unter Tränen lasse ich es geschehen, bette mich auf seine Oberschenkel und ziehe meine Beine an.

Ich bin Insel und Asche zugleich. Die Vögel schweigen. Selbst der Wind hält inne, als fürchte er, dass alles, was atmet, zerbricht. Meine Hände kleben an meiner Haut: Blut.

Überall.

Jeder Atemzug brennt. Jeder Herzschlag dröhnt. Zwei Gräber klaffen in mir – eines für das Kind, das nie atmen wird, eines für die Eltern, die ich nie wieder berühre.

Ich schließe die Augen. Fort ist die Welt.

Ich bin allein, eingefroren, nur noch eine Hülle, die Erinnerung trägt.


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